Vatanescu rettet die Welt

„Natürlich hätte [Vatanescu] auch andere Optionen gehabt, er hätte Autos oder das Kupfer aus Telefonkabeln stehlen oder eine Niere verkaufen können. Aber von allen schlechten Angeboten war das von Jegor Kugar das beste. Es garantierte ihm einen Arbeitsvertrag über ein Jahr, die Beförderung zum Einsatzort und außerdem einen Job für seine Schwester, samt neuen Zähnen und Brustimplantaten als Bonus obendrauf.“ (Bettler und Hase, S. 7)

Zum Buch „Bettler und Hase“ von Tuomas Kyrö

So geht sie los, die Geschichte von Vatanescu, der eigentlich nur dem aussichtslosen Elend in Rumänien entfliehen und seinem Sohn ein Paar Fußballstollenschuhe kaufen will. Am Ende ist er ein in den sozialen Medien gehyptes Idol und wird Ministerpräsident von Finnland.

Die Geschichte klingt wie ein Märchen und hat auch starke Ähnlichkeiten mit einem. Gleichzeitig steckt in dem Roman auch ganz viel als Satire versteckte Kritik an der westlichen Gesellschaft und ihren Strukturen. Ich musste bei den haarsträubenden Abenteuern von Vatanescu oft an die aktuelle Flüchtlingskrise denken, auch wenn Vatanescu als Wirtschaftsflüchtling nach Finnland kommt beziehungsweise von Jegor Kugar gebracht wird. Kugar ist ein russischer Ganove, der nach der Wende in Russland durch krumme Geschäfte wahnsinnig viel Geld verdiente und einen exzessiven Lebensstil pflegte. Dann jedoch wachte er eines Morgens neben der Braut seines Chefs auf, der das nicht gut fand. Kugar verliert ein Auge und ein Ohr, kommt durch Zufall nach Bukarest und beginnt dort als Menschenhändler eine neue Karriere.

Der Job, den Jegor Kugar Vatanescu versprochen hatte, entpuppt sich als der eines Bettlers, der immer gequält aussehen und drei Viertel seiner Einnahmen abgeben muss. Als das Barackenlager, in dem Vatanescu mit anderen von Kugar betreuten Bettlern schläft, von Planierraupen platt gemacht wird und Kugar die Bettler loswerden will, brennen bei Vatanescu die Sicherungen durch. Von da an befindet er sich auf der Flucht und lernt Finnland und dessen Bewohner kennen. Begleitet wird er von einem Stadthasen, den Vatanescu vor einem Rudel Halbstarker rettet.

Er trifft unter anderem auf Harri Pykström, der dem Wohlstand entfliehen wollte, dann jedoch nach ein paar Jahren merkt, dass er sich in der Wildnis ein Heim gebaut hat, dass den gleichen Standard bietet wie sein altes Haus. Er scheitert als Beerenpflücker und wird später als Schwarzarbeiter auf einem Bauprojekt in einem Nationalpark vor den Karren von Umweltschützern und Weltverbesserern gepackt. Als er auch dort nicht zu seinem Arbeitslohn kommt, lernt er als Schwarzfahrer die Zauberin Sanna Pommakka kennen. Von der Begegnung profitieren beide.

Mittlerweile ist der mächtige Parteiführer Simo Pahvi auf Rat seines Beraters Jeesus auf Vatanescu und seinen Hasen aufmerksam geworden. Mehr verrate ich nicht mehr. Außer dass Vatanescus Mutter mit Fußbodenheizungen nicht zurechtkommt und sich eine aus Rumänien importierte alte Holzhütte aufbauen lässt, um barfuß auf der Erde laufen zu können. Das kann man im zehnten Kapitel nachlesen, „in dem Vatanescu in Honig marinierte Hühnerfilets grillt und eine Regierung zusammenstellt“ (Bettler und Hase, S. 281).

Der Autor Tuomas Kyrö wurde 1974 in Helsinki geboren, wo er auch heute noch lebt. Sein Roman führte in Finnland viele Wochen lang die Bestsellerlisten an.

Das Buch hat 320 Seiten und ist als Taschenbuch (Bastei Lübbe, 9,99 Euro) oder gebundene Ausgabe erhältlich (Hoffmann und Campe, 19,99 Euro).

 

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