Parlamentswahlen in Rumänien

Hoffentlich haben sich die Meinungsforscher wieder vertan …

Heute wählt Rumänien ein neues Parlament. Dieses besteht aus der Abgeordnetenkammer (Camera Deputaților, 330 Abgeordnete) und dem Senat (136 Mitglieder). Und es ist zum Heulen: Die Sozialdemokraten (PSD), die den Namen aus meiner Sicht nicht verdienen, liegen in den Prognosen relativ klar vorne. Zur Erinnerung: Die PSD-Regierung unter Victor Ponta musste Ende 2015 nach der Brandkatastrophe im Bukarester Club Colectiv sowie Korruptionsvorwürfen zurücktreten. Seither regiert ein Technokratenkabinett unter dem Ministerpräsident Dacian Cioloş.

Cioloş hat angekündigt, bei einem Wahlsieg des Bündnisses zwischen der National-Liberalen Partei (PNL) und der neuen Partei Uniunea Salvați Romania (USR, Union Rettet Rumänien, im Juli 2016 gegründet) weiterregieren zu wollen. Die Unterstützung der beiden Parteien hat er.

Allerdings sind die Chancen laut Umfragen nicht gerade gut. Hinzu kommt erschwerend, dass die PSD auch die Unterstützung der 2015 neu entstandenen Partei ALDE hat (Alianța Liberalilor şi Democraților, Allianz der Liberalen und Demokraten), die gute Chancen hat, ins Parlament einzuziehen.

Das Parteienspektrum in Rumänien ist auf Dauer schwer zu überblicken, da es sich – wie den Absätzen weiter oben leicht entnommen werden kann – permanent ändert. Neugründungen und Abspaltungen sind an der Tagesordnung. Das ist relativ schwer nachzuvollziehen. Lucian Boia ordnet dieses dauernde Wabern der Parteienlandschaft in seinem Buch „Warum ist Rumänien anders?“ 2014 im Schiller Verlag Hermannstadt erschienen) der „Komödie der Politik“ unter: „Das politische Schauspiel blendet einen eher verdeckten, aber umso echteren Wettlauf aus, bei dem es um die Mittel geht. Mit einem Wort: um Geld, so symbolisch wie real.“ (Seite 77 in dem Buch).

Damit lässt sich auch erklären, dass innerhalb einer Legislaturperiode 223 von bislang 588 Parlamentsabgeordneten die Partei wechselten. Wahnsinn. Rumänien ist anders.

Zurück zur PSD. Ihre Wähler rekrutieren sich anscheinend hauptsächlich aus Rentnern, staatlich Angestellten oder Transferempfängern, die von staatlichen Löhnen oder Leistungen abhängen. Diese werden oft als Wohltaten der Bürgermeister betrachtet, die natürlich auch ein Interesse haben, das so zu verkaufen. Ob Politiker betrügen und korrupt sind, Verfahren an der Backe haben – nebensächlich. Vor den Wahlen versprach die PSD zweistellige Gehaltserhöhungen für Staatsbedienstete.

Zudem wurde von Seiten der PSD massiv Stimmung gemacht gegen alles, was vermeintlich nicht rumänisch ist. Bei dem Präsidenten Klaus Johannis ist dies ein alter Hut. Anders bei Dacian Cioloş: wurde im Wahlkampf medienwirksam als von Brüssel gelenkt, Freimaurer oder Sohn von George Soros bezeichnet. Letzterer ist US-Milliardär und ungarisch-jüdischer Herkunft und steht der Propaganda nach für eine nebulöse Hintergrundmacht, die Länder wie Rumänien unterwerfen wolle.

Schade, dass mit Populismus, Falschmeldungen und billigem Gehabe zurzeit so viele Wähler weltweit zu beeinflussen sind.

Junge Leute wollen den Wandel in Rumänien – sie haben letztlich auch die Präsidentschaftswahlen 2015 entschieden. Ich hoffe, dass sie auch diesmal erfolgreich sind. Leider haben sie Rumänien in großen Scharen verlassen.

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