Zum ehemaligen Heldsdörfer Vorschussverein

Vor ein paar Wochen schickte Günter Reiner ein Bild des folgenden Emailleschildes aus Heldsdorf mit dem Hinweis, dies sei im Keller des Restaurants gefunden worden. Anscheinend stammt es von 1931.

Da ich nur wenig über den Vorschussverein wusste, nahm ich mir die Heldsdorf-Monographie von Dr. Hans Mooser zur Hand und fand einige spannende Hinweise und Anekdoten. Kursiv dargestellt sind die Zitate aus dem Buch:

„Heldsdörfer Vorschußvereins-GmbH

Am 4. 10. 1876 wurde die Heldsdörfer Vorschußvereins-GmbH von 44 Mitgliedern zum Zwecke gegründet: einerseits jedermann zur verzinslichen Anlegung kleinerer und größerer Beträge und dadurch zu geregelter Sparsamkeit Gelegenheit zu geben, andererseits seinen Mitgliedern mittels gemeinschaftlichen Kredits durch Ausgabe von Vorschüssen gegen mäßige Zinsen die zu ihrem Geschäftsbetriebe zeitweilig benötigten baren Geldmittel zu beschaffen; oder wie die Jubiläumsberichte zum 25- und 50-jährigen Bestehen noch schöner sagen:

1. den Wucher zu vernichten (zur Zeit der Gründung steckten die Wucherer 12, 24, 36 und noch mehr Prozente Zinsen ein),

2. den Geschäftsgeist der Heldsdörfer zu wecken und zu pflegen,

3. hilfreich denen die Hand zu reichen, die zufällig in eine missliche Lage oder unverschuldet in Unglück geraten waren.

[…]

Schon nach kurzer Zeit, also 1883, musste dieses junge Unternehmen eine harte Probe bestehen. Es wurde nämlich festgestellt, dass in den Jahren 1878 bis 1883 der damalige Kassier Ad. Foith die horrende Summe von 7221.65 Ö. Fl. (Österreichische Gulden) oder 14443 Kronen entwendet hatte. Da Foith sein Vermögen inzwischen seiner Tochter überschrieben hatte, er also insolvent war, musste der Schaden in den nächsten Jahren aus dem Reingewinn gedeckt werden. Dass der ganze Fall auch nach Jahren viel Staub aufwirbelte, braucht nicht Wunder nehmen. Dass bei diesem hohen Verlust, welcher fast die Höhe des Stammkapitals ausmachte, das Institut nicht untergegangen ist, beweist, welche Rolle es damals im Wirtschaftsleben Heldsdorfs schon gespielt haben wird.

1902 wurde das 25 jährige Bestehen festlich gefeiert. Der Rahmen dieses Festes und Bericht darauf in der Kronstädter Zeitung zeigen, welche Stellung unser Vorschußverein im Burzenland einnahm und welche Bedeutung ihm beigemessen wurde. Aber auch noch eine Tatsache, wenn sie auch klein erscheinen mag, zeigt uns ein Bericht des Festausschusses dieses Jubelfestes. Nämlich wie viel Wein in der damaligen Zeit bei festlichen Gelegenheiten vertilgt wurde. Bei diesem Jubelfeste wurden für ein männliches Mitglied 3 und ein weibliches Mitglied 2 halbe Liter Wein gratis verabfolgt.“

Nach der Jahrhundertwende und bis zum Ende des Ersten Weltkriegs ging es dem Vorschussverein sehr gut. 1909 wurde die Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.

„Dass dabei der Genossenschaftsgedanke nicht verloren ging, beweist das im selben Jahr mit 15764 Kronen errichtete Volksbad, welches der evangelischen Kirche mit dem Wunsche geschenkt wurde, es mögen nie Geschäftsrücksichten walten, sondern niedrig gehaltene Badetaxen sollen es zum wirklichen „Volksbad“ machen.“

Im ersten Weltkrieg investierte der Vorschussverein eine beträchtliche Summe in Kriegsanleihen, die wertlos wurden. Zudem entwertete eine Währungsreform das verbliebene Guthaben. Der Vorschussverein erholte sich aber, um dann in den 1930er Jahren eine noch ernstere Krise durchzumachen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Vorschussverein verstaatlicht.

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