Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens – Kriminalroman von Oliver Bottini

Der Kriminalroman „Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens“ von Oliver Bottini, Anfang November 2017 erschienen, hat den Ansturm ausländischer Investoren auf Rumäniens Agrarflächen um Fokus und passt demzufolge hervorragend zum letzten Blogbeitrag „Zum Ausverkauf der Agrarflächen in Rumänien“.

Der über 500 Seiten starke Krimi von beginnt 2011 in Deutschland mit einem Sandsturm auf der A19 in Mecklenburg Vorpommern. Den Sturm gab es tatsächlich. Er war unter anderem Folge einer langen Trockenzeit sowie einer agrarindustriellen Bewirtschaftung des Bodens. So konnte der Wind relativ ungehindert großflächig Sand aus dem Boden aufwirbeln. Eine der Hauptpersonen des Romans, Maik Winter, verliert in dem Sandsturm seine Familie.

Drei Jahre später passiert in Rumänien ein Mord: Eine junge Frau aus Deutschland wird im Banat getötet, als sie wie jeden Morgen an einem Fluss baden will. Mit den Mordermittlungen wird aus zunächst undurchsichtigen Gründen der bereits ältere und kurz vor der Pensionierung stehende Kommissar Ioan Cozma beauftragt, der eigentlich lieber „unter dem Radar“ agiert und solche Fälle lieber den dynamischen jungen Kollegen überlässt. Cozma hat aber einen Vorteil für Leute, denen die Ermittlungen möglicherweise zu heiß werden könnten: Er ist aufgrund seines Werdegangs erpressbar.

Die getötete junge Frau ist die Tochter des deutschen Landwirts Jörg Marthen aus Mecklenburg-Vorpommern. Er hat, nachdem er seinen nach der Wende zurückgegebenen Boden in seinem Heimatort aufgrund von Machenschaften eines Regionalpolitikers verloren hat, nach und nach eine beträchtliche Menge an Land im Banat gekauft, die er bewirtschaftet. Was sich in Mecklenburg-Vorpommern nach der Wende in der Landwirtschaft getan hat, so scheint es im Roman öfters durch, hat Parallelen zu den Geschehnissen im heutigen Rumänien. Auf das Marthensche Land, dessen Wert sich mittlerweile vervielfacht hat, haben aber auch andere Investoren ein Auge geworfen. So ist es naheliegend, dass der Mord etwas damit zu tun haben könnte, dass der Vater nicht verkaufen möchte. Ein im Betrieb von Marthen angestellter Landarbeiter gerät unter Verdacht. Seine Eltern haben auch für wenige Tausend Euro Land an Marthen verkauft. Sie holen sich Hilfe bei einer Anwältin der DNA, der rumänischen Antikorruptionsbehörde Direcția Națională Anticorupție. Bei dieser stellt sich recht schnell heraus, dass dieses Mandat für sie eine sehr willkommene Eintrittskarte zu dem Fall ist, an dem sie jedoch ein anderes Interesse hat.

An den Orten in Mecklenburg-Vorpommern und dem Banat spielt der Roman. Einige Orte sind frei erfunden (Bild: Umschlaginnenseite des Romans)

Die Ermittlungen zu dem Fall decken weit zurückliegende aber immer noch schwelende Verstrickungen der handelnden Personen auf. Auch jener auf der „guten“ Seite. Da ist beispielsweise Kommissar Cozma, der mit dunklen Schatten der Vergangenheit kämpft, die Pilotin Ana Desmerean, die das Grab ihrer Eltern sucht, die von der Securitate irgendwo verscharrt wurden. Auf der „bösen“ Seite lernt man Personen kennen, die es geschafft haben, sich vor und nach 1989 gute Positionen zu verschaffen.

Oliver Bottini, 1965 geboren, ist einer der bedeutendsten Krimiautoren Deutschlands. Er wurde mit der ebenfalls sehr lesenswerten Krimireihe um die Hauptkommissarin Louise Boni bekannt. Die Reihe zeichnet sich dadurch aus, dass Bottini die Handlungsstränge jeweils mit realen gesellschaftlichen Ereignissen verwebt.

Das tut er auch in „Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens“. Bottini hat vor Ort in Rumänien recherchiert, mit Bauern und Aktivisten gesprochen und einen Krimi geschrieben, bei dem man sich sehr gut vorstellen kann, dass er auch in der Realität so hätte passieren können. Es ist eine Stärke des Romans, dass dieser glaubwürdig in hochaktuelle Strukturen und Prozesse eingebettet ist. Bottini greift die derzeitige bedrohliche Atmosphäre in Rumänien auf, wo auf vielen Ebenen neue Kräfte gegen die alten Netzwerke, Korruption und Schattenwirtschaft kämpfen. Cozmas Kollege Cippo (Ciprian Rusu), der aus guten Gründen ins Visier der DNA geraten ist, erklärt dies lapidar damit, dass die rumänische Krankheit nicht von einem auf den anderen Tag heilbar ist. Schade!

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