Nein, es geht nicht um das Handballspiel von vorgestern. Da besiegte Deutschland Rumänien mit 30 zu 21. Es geht um das Verhältnis von Regierungsmitgliedern. Da gewinnt Rumänien haushoch!
Gestern hat Liviu Dragnea die Zusammensetzung der neuen Regierung bekannt gegeben. Die Minister wurden aufgrund der satten Mehrheit der Koalition PSD-ALDE vom Parlament durchgewunken.
Dragnea ist jedoch nicht der Premierminister, sondern der Parteichef der PSD. Premierminister wird Sorin Grindeanu, ein 43-jähriger Informatiker, der das letzte halbe Jahr Vorsitzender des Kreisrats Temesch war. Man könnte es als Demütigung auffassen, dass der Premierminister nicht seine Regierung vorstellen darf. Grindeanu sieht dies jedoch anscheinend jedoch nicht so. Die ADZ schreibt: „Nachgesagt wird ihm, ein gebildeter, Autoritäten gegenüber folgsamer junger Mann zu sein.“
Das scheint auch der Grund zu sein, warum er Premierminister wurde. Grindeanu erklärte, dass die Politik woanders gemacht werden würde. Und Dragnea – der wie bereits dargestellt aufgrund einer Bewährungsstrafe nicht Premierminister werden konnte – stellte klar, dass die Regierung, je nach „Leistung“ auch nur kurzfristig im Amt bleiben könne.
Das machtvolle Ministerium für Entwicklung, Verwaltung und Fördermittel wird übrigens von Sevil Shhaideh geführt, die von Klaus Johannis als Premierministerium noch abgelehnt wurde. Zugleich wird sie Vize-Premierministerin. Das ist meiner Ansicht nach auch ein Signal in Richtung Johannis.
Mannomannomann, das hört sich alles gar nicht gut an. Dementsprechend hitzig sind die Kommentare zu dem Beitrag der ADZ zur Regierungsvorstellung. „FRITZ“ etwa schreibt: „Nun ja, da sich diese Posse trotz allem im Rechtsrahmen befindet, muss man sich natürlich eingestehen, dass die Demokratie enorme Schwachstellen hat. Die rumänischen Politiker verstehen es besonders gut, diese zu benutzen und zu missbrauchen. Demokratie zu betreiben ist eben auch Charaktersache.“ „BEOBACHTER“ kommentiert unter anderem: „Wozu benötigt so ein schwindliges Land wie Rumänien doppelt so viele Ministerien wie Deutschland (15) oder Österreich (13)? Hier wird Geld für NICHTS aus dem Fenster geworfen. Dieses Geld könnte wesentlich besser zum Wohle der Bürger Rumäniens verwendet werden (Gesundheit, Bildung oder Infrastruktur)!“ Und „MICHAEL“ ergänzt: „Demokratisch gewählt[, …] aber mit welch einer Wahlbeteiligung – unter 40 %. Die meisten Menschen haben durch die Lügereien, Betrügereien der korrumpierten Politiker hauptsächlich in der PSD das Vertrauen in die Politik verloren oder sind ins Ausland abgewandert.“
Robert Schwartz von der Deutschen Welle schreibt zur Regierungsbildung „Die Staatskrise geht in die nächste Runde“. Vor allem im Justizwesen befürchtet er unheilvolle Entwicklungen. „Hier soll alles nach dem Willen des Tandems Dragnea-Tariceanu [Co-Vorsitzender der Partei ALDE] neu geordnet werden. War die Justiz in den vergangenen Jahren unabhängig und besonders erfolgreich im Kampf gegen die flächendeckende Korruption in Rumänien, soll sie jetzt laut Regierungsprogramm alle begangenen „Übergriffe und Missbrauchserscheinungen“ korrigieren. Der Begriff „Korruptionsbekämpfung“ scheint keine besondere Rolle mehr zu spielen. Beobachter in Bukarest erwarten ein Amnestie-Gesetz, das dem PSD-Chef den Zugang zur Regierungsspitze de jure ermöglichen soll: Bis zu einer solchen Novellierung könnte Dragnea de facto der Ministerpräsident aus dem Hintergrund bleiben, der eine willige Marionetten-Regierung nach seiner Pfeife tanzen lässt.“
Es brechen scheinbar noch härtere und unbequemere Zeiten für Laura Kövesi und die Nationale Antikorruptionsbehörde (DNA, Direcția Națională Anticorupție, DNA). Sie wurde bereits 2002 gegründet, um den EU-Beitritt Rumäniens vorzubereiten. Richtig Fahrt aufgenommen hat die DNA jedoch erst vor wenigen Jahren mit Laura Kövesi als Leiterin. Ist ihre Zeit womöglich bald vorbei?
Und Johannis? Sitzt in der Zwickmühle. Spielt er mit, verwirkt er seine Reputation und verrät das, wofür er bislang stand. Stellt er sich quer, droht ihm ein Amtsenthebungsverfahren. Das ist alles ziemlich bitter.